Die Gründung der Stadt Reichenbach fällt in das 12. Jhd. Gleichzeitig wurde vermutlich auch die erste Kirche hier am Ort gebaut. Die älteste Bausubstanz unserer Kirche reicht in diese Zeit zurück.

Handzeichnung von 1751 – früheste bekannte Baugestalt unserer Kirche (Zeichnungen von Johann Gottfried Schulz, Kulturhistorisches Museum Görlitz)

1280: In einer Urkunde der Markgräfin Beatrix von Brandenburg vom 15. Mai 1280 wird die „Villa Reichenbach“ erwähnt. (villa [Iat.] Stadt)

1346: Reichenbach wird als Sitz eines erzpriesterlichen Stuhles genannt.

1430/31: Vom 26. Dezember 1430 bis zum 19. Januar 1431 belagern die Hussiten die Stadt Reichenbach. Die Einwohner verschanzen sich hinter der Wehrmauer, später in der Kirche. Die Hussiten überwinden auf der Morgenseite (heutiges Hussitentor) die Mauer , richten auf dem Kirchplatz ein Blutbad an, können aber nicht in die Kirche eindringen, wohin sich der Rest der Reichenbacher Bevölkerung gerettet hat.

1434: Die Kirche wird wahrscheinlich als Folge des Hussitenkrieges um- und z. T. neugebaut.

1548: Hans von Gersdorff (1501-1567) beruft Franziscus Fleischer aus Markersdorf zum ersten evangelischen Pfarrer nach Reichenbach.

1584: Aus einer Urkunde vom 24. Januar geht hervor, dass zu dieser Zeit bereits ein „Seiger“, also eine Uhr an der Kirche vorhanden ist.

1620: Am 2. August schlägt der Blitz in den Kirchturm ein. Dabei kommen zwei Männer um Leben, die gerade die Glocken läuten.

1629: Durch einen Blitzschlag brennt am 8. Juli der Kirchturm ab. Auch die Glocken werden dabei zerstört. Die Wirren des 30jährigen Krieges verzögern den Wiederaufbau bis zum 28. Juli 1646.

1670: Der „schwarze Tag“ von Reichenbach ist der 11. September. In der Auengasse vor dem Niedertor entsteht bei dem Schlosser Erhard Neumann, vermutlich durch Rauchen in dessen Schlafkammer, ein Feuer. Durch starken Westwind breitet sich das Feuer über die ganze Stadt aus. Fünf Kinder und eine Frau kommen in den Flammen um. Die St. Johanneskirche, das Pastorat, das Diakonat und das damit verbundene Schulgebäude, 15 Scheunen voll Getreide, die Malzmühle,die Baderei und 116 Wohnhäuser brennen ab. Im Keller des Bürgermeisters Raphelt verbrennt die Stadtlade mit den Stadtbüchern, vielen Dokumenten und Urkunden. Die Annenkirche, sieben kleine Häuser und das Hospital, die sich alle vor dem Obertor befinden, bleiben erhalten. Die Löbauer schicken am nächsten Tag 200 Brote und andere Lebensmittel, und die Stände veranstalten eine Sammlung, die 250 Taler ergibt.

1674: Die unter Georg Ernst I. von Gersdorff (1640-1713) wieder aufgebaute Kirche wird am 28. Oktober eingeweiht. Die Ausstattung, 1 Empore (Südseite). 2 Emporen (Nordseite), die damals noch kleinere Orgelempore, der Beichtstuhl, das Ratsherrengestühl 8damals drei Sechserblöcke), das Gestühl im Langschiff und beide Logen im Chor sowie die Wandmalereien sind durchgängig im Stile des Frühbarock gestaltet. Spuren der ehemaligen Wehrkirche blieben erhalten z.B. mit den Türen der Sakristei, sämtliche aus schwerem Eichenholz mit Querriegeln versehen, mit dem Turmeingang als Mannloch, der sehr hoch und klein in der Turmwand liegt, versehen mit Stahlblechtüren, und die gleich dahinter befindliche ca. 170 cm tiefe Schüttkammer mit Querriegel. So erweist sich der Turm eindeutig als letzte Zuflucht und Burg von Reichenbach, was die mächtigen Mauern und die wenigen, sehr hoch gelegenen Fenster ebenfalls beweisen. Der damals erstellte Baukörper entspricht dem heute noch vorgefundenen.

1682: Unter Pfr. Johann Adam Gehr (1645-1686) erhält die Kirche ihre weitere Ausstattung. Am 16. März empfangen die Zwillinge Johannes und Maria Ritter, Kinder des Gärtners Martin Ritter aus Biesig, an dem neuen Taufstein als erste das HI. Sakrament der Taufe.

1685: Der Bildhauer Andreas Lembke (Berlin) und der Maler Georg Kayser (Görlitz) bauen den dreiteiligen Altar auf und gestalten ihn künsterlisch aus.

1688: Unter Pfr. Gottfried Koch (1646­-1718) wird durch Daniel Richter aus Bautzen die zunächst weiß gestaltete Kanzel errichtet. Im gleichen Jahr wird eine neue Kirchturmuhr eingebaut, deren Uhrwerk heute noch erhalten ist.

1707: Der Maler Lodes Schönberg gestaltet die Kanzel farbig.

1713: Georg Ernst I. von Gersdorff (1640-1713) stirbt. Das kunstvolle Epitaphium sowie ein kleines „Ehrengedächtnis“ an der Nordseite des Chorraumes wird angebracht.

1715: Der Stiftsrat und Kanonikus von Merseburg, Erb- und Lehnsherr Heinrich Gottlob von Oberländer stirbt in Reichenbach. An ihn erinnert das Epitaphium an dem östlichsten Pfeiler im Hauptschiff.

1724: Georg Ernst II von Gersdorff (1676-1743) beginnt mit der Einrichtung der Kirchenbibliothek. Sie wird einmal 300 Bände und einen Weltatlas umfas­sen. Die Bücher sind in zwei reichver­zierten Repositorien untergebracht.

1743: Georg Ernst II von Gersdorff (1676-1743) stirbt. Das Epitaphium an der Südwand des Chorraumes erinnert an ihn. Daneben wird für seine Schwester Anna Sabina (gest. 1731) und ihren Gemahl, den sächs. Oberstleutnant Christoph Sigismund von Cronewaldt (gest. 1722) auf Großkrausche (nicht hier begraben) ein Epitaph angebracht.

1756: Der Turm, bis dahin mit einem Schindeldach versehen, wird um einige Ellen erhöht, eine Haube darauf gesetzt und mit Ziegeln gedeckt, auch wegen der Brandgefahr bei Blitzschlag.

1774: Zur 100 Jahrfeier der Wiedereinweihung werden der Turmknauf und die Wetterfahne am 18. Oktober mit Einsegnung durch den Zimmermeister Bähr auf den Turm aufgesetzt.

1784: Das Kirchendach wird umgedeckt.

1812: Die Kirchturmuhr wird von dem Schmied und Großuhrmacher Christoph Ulrich aus Rosenhain gründlich reno­viert.

1833: Unter Pfr. Joh. Karl Kober (1781-1856) werden die Glocken in Klein Welka durch den Glockengießer Gruhl umgegossen. Der Gedingegärtner Joh. Georg Marks aus Borda schenkt dazu 500 Taler, (7,8) und die Schalllöcher im Turm werden erweitert. (1) Der Turmknauf der St. Annenkapelle wird auf den Turm der St. Johanneskirche gesetzt und die vorhandenen Urkunden von 1774 übernommen.

1833: Die umgegossenen Glocken erklingen in einem feierlichen Dank­gottesdienst am 16. Oktober zum ersten Mal. Die große Christus-Glocke (Durchmesser 1,40 m, Höhe 1,22, Gewicht 33 Zentner) zeigt einen Christuskopf mit den Worten: „Kommt, es ist alles bereit.“ Die mittlere Luther­-Glocke (Durchmesser 1,10 m, Höhe 0,95 m, Gewicht 16 Zentner) trägt das Brust­bild Luthers und die Inschrift: „Haltet fest am Glauben.“ Die kleine Melanch­thon-Glocke (Durchmesser 0,90 m, Höhe 0,86 m, Gewicht 9 Zentner) ist geschmückt mit dem Bildnis Melancht­hons und den Worten: „Alles und in allem Christus.“

1853: Der Innenraum der Kirche wird für 344 Taler 16 Groschen und 8 Pfennige renoviert.

1866: Die Gedächtnistafel mit den Namen der aus hiesiger Gemeinde im Krieg Gefallenen wird am Ewigkeitssonntag aufgestellt.

1874: Zum 200. Jubiläum der Wiedereinweihung wird der hölzerne Taufstein durch Tischler Mühle aus Reichenbach erneuert. Die Taufe war durch das Herabfallen des Deckels stark beschädigt worden. Taufe und Altar werden durch den Vergolder Meyer aus Görlitz neu vergoldet. (ges. 300 Mark) Der Altar wird auch farblich neu gestaltet.

1875: Das Kirchdach wird im Herbst durch Dachdeckermeister F. W. Neumann umgelattet und umgedeckt. Der damalige Stundenlohn beträgt 23 Pfennige.

1880: Um den Altar wird das Ziegelpflaster entfernt und schwarz-weiße Zementplatten für 400 Mark verlegt. Bei dieser Gelegenheit wird die Gruft und der Grabstein des Herrn von Sander freigelegt.

1887-1888: Der Innenraum der Kirche wird umfangreich renoviert. Die übrigen Flächen werden mit Zementplatten versehen. Die Wände, ohne die Wandmalereien der Chorwand, werden abgeputzt und neu gestrichen. Hinter der Offenen Loge wird das Kirchenfenster nach unten verlängert. Das Gestühl im Schiff wird erneuert und durch neugotisches ersetzt. Offenbar um Chorraum und Schiff zu vereinheitlichen wird das neue und das historische Chorgestühl mit Holzimitationsmalerei versehen. Auch die Kanzel, durch Wurmfraß sehr beschädigt, wird restauriert. Hierfür schenkt der Apotheker Elsner 300 Mark. Die Kassettenfelder der Bürgerempore (untere Südempore) werden auf Kosten des Kaufmanns Proft wie Bilder gestaltet (Kosten 4.000 Mark). Beim Entfernen des Pflasters unter der Kanzel wird die Gruft Georg Ernst I. von Gersdorff gefunden. Das Chorgestühl, der Beichtstuhl außen, die Kanzel und die Engel auf dem Orgelprospekt werden neu gefasst. Die Epitaphien werden gereinigt und an dem Epitaph Georg Ernst I. die Weißpartien überfasst. Die Offene und die Patronatsloge erhalten einen Firnisüberzug. Die renovierte Kirche wird am 2. September 1888 wieder eingeweiht.

1889: Regierungsbaumeister (Provinzial Conservator) Lutsch besichtigt im Auftrag der Regierung die Kirche. Nach seinem Urteil stamme das Gebäude in seiner jetzigen Gestalt etwa aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Den Rest und die Spur eines älteren Baues dürfte die äußere nördliche Wand des Chores aufweisen, wo sich in der Bruchsteinmauer die eine Seite einer Fensterumrahmung von behauenen Steinen finde. Die zweischiffige Anlage werde als zweckmässig befunden, weil bei einer größeren Kirche ein ungeteiltes Gewölbe einen einförmigen Eindruck mache. Die Pfeiler seien freilich unnötig stark. Der kleine vergoldete Abendmahlskelch mit der Inschrift: „Ave Maria, gratiae plena“ stamme etwa von 1440 und dürfte der älteste Besitz der Kirche sein (ist verschollen, A.d.R.) wenn nicht ein Meßbuch in der Kirchenbibliothek älter sei.

1890: Oberpfr. Weigand (1825-1901) stiftet neue Ornamente an den Säulen des Altars für 175 Mark. Kaufmann Scheuner (Görlitz) stiftet zum Andenken an seinen Vater, der hier 1846-1855 Diakonus war, ein Glasbild (ist zerstört, A.d.R.). Es stellt Christus, als den Weinstock dar und ist im linken Altarfenster angebracht. 1897 kam es ins Sakristeifenster.

1897: Zwei bunte Glasfenster für 415 Mark werden im Altarraum angebracht (sind zerstört, A.d.R.l, gestiftet von Landeshauptmann von Seydewitz zur Konfirmation seiner Tochter Rita.

1904: Auf Drängen des Magistrats werden die Reste der alten Kirchmauer beseitigt. Die „Lange Straße“ (heute Christian Gottlieb-Käuffer-Straße) soll verbreitert werden. Die alten Steine der Mauer werden für das Gemeindehaus aufbewahrt.

1910: Die Patronatsloge wird gesichert bzw. restauriert.

1912: Die alte, verrostete Wetterfahne wird vom Kirchturm genommen. Eine neue, genaue Kopie der alten wird von Schlossermeister Richard Krabel mit Jahreszahl versehen, angefertigt und aufgesetzt.

1915: Die Kirche wird im Februar durch das städtische Elektrizitätswerk Görlitz mit elektr. Licht ausgestattet. Es werden drei Metallfadenlampen zu je 600 Kerzen (600 W) für die Kirche selbst, eine Lampe zu 100 Kerzen vor der Orgel, eine Anschlussdose und eine Lampe zu 25 Kerzen für die Beleuchtung der Sakristei angebracht. Kosten: 580 Mark, geborgt von Oberst von Seydewitz. Der Strom kostet 48 Pf./KWh.

1917: Im Kreisblatt erfolgt im März die Bekanntmachung des Kriegsministeriums über die Beschlagnahme aller Bronzeglocken. Sup. Hugo Fichtner gelingt es die bedeutenden und wundervoll klingenden Glocke zu retten.

1921: Aus einem Legat über 500 Mark des Buchdruckers Hoffmann aus Görlitz wird elektrische Beleuchtung für den Altarraum beschafft.

1923: Der Militärverein errichtet am 10. Juni einen Gedenkstein für die Opfer des 1. Weltkrieges und übergibt ihn der Kirchengemeinde.

1925: Das 250. Jubiläum der Wiedereinweihung der St. Johanniskirche zeitigt eine Reihe von Sanierungsarbeiten. Das Dach über dem Altar wird neu gedeckt und die Treppe zum Turm umfangreich ausgebessert.

1926: Die Kirchturmuhr schlägt seit Beginn des Jahres nicht mehr. Ein heruntergefallenes Steingewicht hat das Schlagwerk so zerstört, dass die Instandsetzung hohe Kosten verursachen würde.

1927: Die ganz vom Schwamm zerfressenen Kirchenbänke an der Turmtreppe werden ausgebessert.

1929: Am 4. April genehmigt das Konsistorium die Aufhebung des Kirchenstuhlrechtes (Patronastrecht).

1937: Ein elektr. Geläut wird angeschafft und von der Fa. Bokelmann & Kuhlo aus Herford montiert: drei Läutemaschinen, ein Spezialpendellager, der Gleichstrom- wird gegen einen Wechselstrommotor ausgetauscht. Kosten: 2.742,20 RM.
Reichenbach muss unter Tränen 1942 die Glocken für die Rüstungsindustrie abliefern.

1942: Alle drei Glocken werden abgeholt. Zwei werden wohl von der Rüstungsindustrie eingeschmolzen. Die Luther-Glocke kann zurückgeholt werden und bleibt so der Gemeinde bis heute erhalten.

1946: Durch Blitzschlag wird das Turmdach beschädigt.

1950: Das Turmdach wird durch Dachdeckermeister Hermann Hanßke und seinen Gehilfen Helmut Scheibe, beide aus Reichenbach, repariert. Sie verstauen dabei in der Turmkugel eine Urkunde für die Nachwelt.

1954: Die Kirchturmuhr, bisher Eigen­tum der Stadt, wird am 5. März der Kirchengemeinde geschenkt.

1955: Die Gemeinde kauft eine kleine Bronzeglocke aus dem Jahre 1925 aus Weißwasser (1925 in Breslau gegossen, Gewicht: 250 kg). Die Namensschilder auf den Kirchenbänken werden entfernt. Einige wenige „Inhaber“ protestieren dagegen. Diese Schilder bleiben vorläufig erhalten.

1956: Eine neue große Stahlglocke wird als Ersatz für die Christus-Glocke in Apolda von der Fa. Schilling gegossen. (Gewicht: 920 kg)

1956: Beide „neuen“ Glocken werden unter beträchtlichen Schwierigkeiten am 7./8. Juni in den Glockenstuhl aufgezogen und erklingen um 22:00 Uhr zum ersten Mal. Die Glockenweihe erfolgt am 1. Juli. Die Hussitenmauer wird repariert. Dazu gibt das Amt für Denkmalpflege Dres­den 2.000 Mark.

1959: Das Zifferblatt der Turmuhr wird im Mai durch Malermeister Werner Weickert neu gestrichen, die Kirchen­fenster ebenfalls. Alle Schäden, z.T. noch aus dem Krieg, werden beseitigt. Das Konsistorium gibt 2.000 Mark dazu.

1962: In der Kirche werden im Frühjahr das gesamte Gebälk und die Ausstattung, die vom Holzwurm befallen sind, in einem Arbeitseinsatz der Gemeindeglieder entstaubt, danach begast der VEB Schädlingsbekämpfung Niesky die Kirche. Kosten: 4.033 Mark.

1963: Neue Lampen erhellen zu Weih­nachten die Kirche. Die letzten Namensschilder auf den Kirchenbänken werden entfernt. Auf besonderen Antrag bleiben einige als Erinnerungsstücke erhalten.

1967: Die Buchenhecke auf dem Kirchplatz (an der Chr.-Gottlieb-Käuffer-Str., A.d.R.) wird gepflanzt.

1969: Der Gemeindekirchenrat be­schließt den Einbau einer Bankheizung in Kirche und Kapelle.Durch die Fa. Schilling aus Apolda werden zwei Glocken in neue Joche umgehängt. Dadurch wird es nötig, die Antriebsräder für das elektr. Geläut umzubauen.

1971: Die Kirchturmuhr schlägt seit dem 21. Juli vorübergehend wieder den Stundenschlag. Im August werden durch Gemeindeglieder Gebälkschäden am Dachstuhl der Kirche behoben. An zwei Balkenköpfen werden Bohlen angeschuht und die Auflager erneuert. Das betroffene Dachstück wird neu eingelattet, so dass der Dachdecker (Fa. Hanßke) nur die Eindeckung vornehmen muss. Am 1. Oktober (Erntedank) wird die Bankheizung in der Kirche erstmals genutzt (Strahler, Reihe 1-16 im Mitteiblock).

weiterführende Infromationen unter ….
https://www.ev-kirche-reichenbach-meuselwitz.de/602.2/index.html